Ökologie & Risiken

Vor dem Einsatz jeder Technologie sind mögliche positive und negative Wirkungen auf die Umwelt zu ermitteln und abzuwägen. Die Beteiligten müssen sich darüber verständigen, welche Risiken (Auswirkung x Eintrittswahrscheinlichkeit) in welchem Umfang als akzeptabel gelten. Darauf basierend sind geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um alle nicht akzeptablen Risiken zu verringern oder ganz auszuschließen und um die positiven Wirkungen für eine zukünftige klimaneutrale Gesellschaft zu nutzen. Bei geothermischen Anlagen stehen als mögliche negative Auswirkungen oft induzierte Seismizität und Grundwasserverschmutzung im Vordergrund. Aber auch andere Einwirkungen auf die Umwelt sind zu berücksichtigen, um Menschen und Natur zu schützen.

Übersicht zu den oekologischen Aspekten tiefer Geothermie

Für die meisten der genannten Herausforderungen lässt sich das Risiko über technische Lösungen zumindest minimieren. So können mineralische Ablagerungen in Teilen der Anlage über sogenannte Inhibitoren verhindert werden. Kohlenwasserstoffe und Gase können abgetrennt und wieder in die Schichten zurückgeführt werden.

Induzierte Seismizität

Grundsätzlich zählt der Oberrheingraben zu den natürlicherweise seismisch aktiven Zonen Deutschlands. Dies liegt an der geologischen Situation. Menschliche Aktivitäten im Bergbau oder beim Verpressen von Fluiden in den tiefen Untergrund können zu anthropogenen seismischen Ereignissen führen. Ausgelöst wird diese sogenannte induzierte Seismizität durch Verformungen oder Verzerrungen im Untergrund, wenn das Gestein spröde auf die entsprechenden Prozesse reagiert. Von der Magnitude kann auf die Größe der Bruchfläche im Untergrund geschlossen werden. Maximale Magnituden, die bisher im Oberrheingraben auf das Verpressen von Wasser in Geothermieprojekten zurückzuführen waren, liegen bei 2,1 in Insheim, 2,7 in Landau, 2,9 in Soultz und 3,4 in Basel. Während des Bohrvorgangs wurden im Oberrheingraben bisher keine spürbaren seismischen Ereignisse registriert. Geothermische Anlagen, in denen das Thermalwasser im Betrieb bei moderaten Fließraten bis zu 25 Litern pro Sekunde zirkuliert, erzeugen seit teilweise mehr als 30 Jahren keine induzierte Seismizität. Beispiele dafür sind Riehen in der Schweiz und Bruchsal in Baden-Württemberg.

Das mögliche Risiko induzierter seismischer Aktivität ist bereits bei der Planung eines Geothermieprojekts sorgfältig abzuschätzen und zu vermeiden. Darüber hinaus ist eine seismische Überwachung (Monitoring) während des Baus und des Betriebs einer Anlage die Regel. Zu diesem Zweck werden Seismometer in der näheren Umgebung der Bohrungen installiert. Die Konzeption neuer tiefengeothermischer Anlagen im Oberrheingraben kann auf langjährige Erfahrungen mit regional vergleichbaren Projekten zurückzugreifen. Im Projekt Soultz-sous-Forêts in Frankreich wurden Zusammenhänge zwischen der Menge beziehungsweise des Drucks des zurückgeführten abgekühlten Thermalwassers und der seismischen Aktivität festgestellt. Über mehrere Jahre wurden daher die Reinjektionsdrücke so angepasst, dass heute keine spürbare induzierte Seismizität mehr zu verzeichnen ist.

Verunreinigung des Grundwassers

Bei der Bohrung und beim Betrieb der Anlage ist daher zu gewährleisten, dass das Thermalwasser nicht in die Grundwasserleiter mit Trinkwasserqualität eintritt. Eine entsprechende Konstruktion des Bohrplatzes ermöglicht, anfallende Flüssigkeiten aufzufangen, zu kontrollieren, zu behandeln und entsprechend zu entsorgen, sodass es nicht zu einer Beeinträchtigung des oberflächlich vorkommenden Sickerwassers kommt. Beim Durchbohren der entsprechenden Grundwasserleiter kann Frischwasser als Bohrspülung dienen oder – mit einem entsprechenden Bohrgerät – sogar im Lufthebeverfahren ohne eine spezielle Bohrspülung gebohrt werden. In beiden Fällen wird anschließend sofort ein entsprechendes Standrohr aus Stahl einzementiert. Damit wird eine Beeinträchtigung der oberflächennahen Grundwasserstockwerke und der Sickerwässer durch die nachfolgenden Bohrarbeiten wirksam verhindert.

Während des weiteren Bohrvorgangs wird von der Oberfläche mindestens ein weiteres inneres Stahlrohr einzementiert; so entsteht eine mindestens vierfache Barriere. In der Folge werden in Tiefbohrungen sukzessive weitere Verrohrungen mit einem kleineren Durchmesser eingebaut und einzementiert. Mit diesem Einbau und der Zementation von weiteren Verrohrungen werden die aufgrund ihrer Mineralisation in der Regel nicht genutzten tieferen Grundwasserleiter ebenfalls geschützt. Schon während des Abteufens der Bohrung werden die Grundwasserleiter auf diese Weise wirksam voneinander getrennt. So ist sichergestellt, dass es zu keiner vertikalen Verbindung zwischen den Grundwasserstockwerken kommt. Die Qualität der Einbauten und der Zementation der Verrohrungen wird überprüft. Im Fall einer nicht ausreichenden Abdichtung lässt sich der geforderte Grundwasserschutz durch nachträgliche Sanierungsmaßnahmen erreichen, beispielsweise durch Nachzementationen. Dies sind Standardmethoden, die jederzeit eingesetzt werden können und sollen, falls es erforderlich wird.

 

Zur Überwachung des Grundwasserschutzes dient ein Grundwasser-Monitoring: Ein Netz aus oberflächennahen Grundwassermessstellen ermöglicht durch eine Beobachtung des Wasserstandes, der elektrischen Leitfähigkeit und der Temperatur in regelmäßigen und zeitlich kurzen Abständen, Veränderungen ins Grundwasser frühzeitig zu erkennen. So können die Betreiber schnell reagieren.

Wirtschaftliche Risiken

Der Träger eines Geothermieprojekts kann über die Energie, die er in Form von heißem Wasser aus dem Untergrund zutage fördert, an sich kostenfrei verfügen. Allerdings bringen die Bedingungen der tiefen Geothermie erhebliche Risiken für die Wirtschaftlichkeit mit sich. Zu diesen Bedingungen gehören vor allem geologische und geotechnische Gegebenheiten, aber auch die lokale Energiesituation, die bestehenden Versorgungssysteme, die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Anforderungen im Genehmigungsverfahren. Was die Investitionskosten betrifft, machen die Bohrkosten über die Hälfte und damit den größten Anteil aus.  

Bei der Erschließung eines geothermischen Reservoirs besteht das Risiko, dass sich Thermalwasser aufgrund fehlerhafter Prognosen über die erforderliche Tiefe der Bohrung nicht in ausreichender Quantität oder Qualität fördern lässt. Dieses Risiko wird Fündigkeitsrisiko genannt. Die Quantität ergibt sich unter anderem aus der möglichen Förderrate und der Temperaturdifferenz zwischen dem geförderten und dem reinjizierten Thermalwasser. Was die Qualität des Thermalwassers betrifft, kann die chemische Zusammensetzung, beispielsweise der Anteil des enthaltenen Gases, Schwierigkeiten bei der Förderung verursachen. Inzwischen werden in der Geothermiebranche Fündigkeitsversicherungen angeboten, um das Fündigkeitsrisiko zu beherrschen.

Auch wenn die Fündigkeit erfüllt ist, kann ein Geothermieprojekt sich als unwirtschaftlich erweisen. Denn auch der Betrieb einer Geothermieanlage birgt Risiken für die Wirtschaftlichkeit. Beispielsweise kann es während des Betriebs zu Prozessen kommen, die eine technische Nachrüstung der Anlage oder zusätzliche Wartungsarbeiten verlangen.

Genehmigung

Die Errichtung einer Geothermieanlage unterliegt dem Bundesberggesetz (BbergG ). Aktuell bietet der Handlungsleitfaden „Tiefe Geothermie“ des Landesforschungszentrums Geothermie (LFZG) eine gute Übersicht über die Projektschritte und das Genehmigungsverfahren in Baden-Württemberg. Tiefengeothermieprojekte beginnen mit Vorstudien zu den Untergrundeigenschaften im Rahmen einer Aufsuchungserlaubnis. Diese Aufsuchungserlaubnis beinhaltet ein detailliertes Arbeitsprogramm, über das dem Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB ) regelmäßig berichtet werden muss. In Baden-Württemberg ist schon mit dem Antrag zur Aufsuchungserlaubnis eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen, das heißt, die Bürgerinnen und Bürger erhalten Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung. Eingriffe in den Untergrund zur Erkundung oder zur Erschließung des Reservoirs erfolgen immer über detaillierte Betriebspläne, zu denen die entsprechenden Fachbehörden Stellung nehmen. Die Koordination des Verfahrens übernimmt das LGRB. Diese Behörde entscheidet auch nach einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung, ob und wie eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Laufe des Genehmigungsprozesses durchgeführt werden muss.

 

Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist in Baden-Württemberg für Vorhaben, die besondere Bedeutung für die Umwelt besitzen, über das Umweltverwaltungsgesetz (UVwG) des Landes geregelt. Dieses Gesetz betont das Umweltinformationsrecht als Grundlage für eine Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsfindungsprozessen. Darüber hinaus werden die Rechte der Öffentlichkeit über eine gesetzlich verankerte Umweltmediation im Fall einer Auseinandersetzung sowie über die Beteiligungsrecht anerkannter Umwelt- und Naturschutzvereinigungen gestärkt. Die Projektverantwortlichen haben also die Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig und ausführlich zu informieren.